Wie pädagogische Entscheidungen die Gesundheit des Kollegiums positiv beeinflussen können.

Oberstes Ziel an der Willy-Brandt-Schule in Mülheim an der Ruhr ist es, den Schulalltag für die Schülerinnen und Schüler so zu gestalten, dass sie nach ihren individuellen Möglichkeiten bestens gefördert und gefordert werden. Sie stehen im Mittelpunkt des Handelns. Der Unterricht soll so organisiert werden, dass sich jedes Kind entfalten kann, so dass es am Ende seiner Schullaufbahn den für sich besten Abschluss erwerben kann. Weitere Faktoren spielen bei dieser Entwicklung auch eine wichtige Rolle:

Der Raum als dritter Pädagoge muss so arrangiert werden, dass er sich positiv auf die Entwicklung des Kindes auswirkt. Und natürlich müssen sich die Schülerinnen und Schüler darauf verlassen können, dass ihre Lehrerinnen und Lehrer sie nicht nur fachlich sondern auch menschlich unterstützen. Dieses pädagogische Handeln der Lehrerinnen und Lehrer setzt aber voraus, dass es eine hohe Identifikation aller Beteiligten mit der Schule und den dort arbeitenden Menschen gibt. Aber auch eine hohe Zufriedenheit am Arbeitsplatz Schule muss gegeben sein. Schulleitungen können auf unterschiedliche Weise Einfluss auf die oben genannten Faktoren nehmen. Eine Möglichkeit ein solches Klima im positiven Sinn zu schaffen ist der Blick auf die Gesundheit der Lehrerinnen und Lehrer. Eine hohe Zufriedenheit im Kollegium schafft auch eine positive Grundstimmung in der gesamten Schule. An einigen Beispielen wird nun aufgezeigt, wie man die Gesundheit einer Kollegin bzw. eines Kollegen im Focus haben kann, ohne pädagogische Entscheidungen zugunsten der Schülerschaft aus den Augen zu verlieren.

Umstellung auf 60-Minuten-Stunden

Die Umstellung auf das 60-Minuten-Modell erfolgte schon vor einigen Jahren. In einem sehr aufwändigen Prozess wurde die Umstellung erarbeitet und erfreut sich heute einer breiten Akzeptanz in der Schulgemeinde. Die Umstellung auf 60-Minuten-Stunden sollte u.a. dazu führen, dass eine neue Unterrichtskultur zu Gunsten der Schülerinnen und Schüler entsteht. Im Vordergrund steht die Entwicklung von teamorientiertem und kooperativem Arbeiten und Lernen. Das Kollegium wurde umfangreich fortgebildet, so dass heute fast flächendeckend diese Arbeits- und Unterrichtsformen zur Selbstverständlichkeit geworden sind. Ein durchaus beabsichtigter Nebeneffekt waren neben einer klaren Rhythmisierung des Schultages auch deutlich längere Pausenzeiten. Immer wieder wurde bemängelt, dass in den klassischen 5-Minuten-Pausen zwischen den Unterrichtszeiten ein stressfreier Raumwechsel kaum möglich war. Es zeigte sich, dass außerunterrichtliche Gespräche mit Schülerinnen und Schülern oft gar nicht oder hektisch geführt wurden. Raumwechsel für alle Beteiligten waren oft nur mit Verspätungen möglich. Die effektive Unterrichtszeit verkürzte sich so leider automatisch. Die verlängerten Pausenzeiten kommen aber nicht nur den Schülerinnen und Schülern inhaltlich durch Steigerung der effektiven Unterrichtszeit zu Gute, sondern ermöglichen auch dem Kollegium einen stressfreien Raumwechsel, einen kurzen Kaffee zwischendurch oder einen Austausch im Lehrerzimmer. Die Umstellung auf dieses Stundenmodell ergibt automatisch weniger Stunden pro Tag, damit eine geringere Anzahl von Lerngruppen für den Einzelnen und damit auch deutlich weniger Geräuschkulisse im Gebäude. Der Alltag verläuft seit dem viel ruhiger als früher. Eine pädagogische Entscheidung, die die Gesundheit des Kollegiums positiv beeinflusst hat.

Stundenplan

Bei der Erstellung des Stundenplanes muss die Pädagogik im Vordergrund stehen. Vorrangig muss so geplant werden, dass alle rechtlichen Rahmenbedingungen erfüllt werden und die Stundentafel abgedeckt wird. Dies alles soll sich positiv auf den Schulalltag der Schülerschaft auswirken. Dennoch kann das Kollegium an der Planung beteiligt werden, so dass zum einen mehr Transparenz entsteht und zum anderen auf die Bedürfnisse der entsprechenden Kolleginnen und Kollegen Rücksicht genommen werden kann. An der Willy-Brandt-Schule beginnt die Stundenplanarbeit schon im zeitlichen Umfeld der Osterferien. Alle Kolleginnen erhalten mit einem Wunschbogen ihr aktuelles Arbeitszeitkonto, das für jeden seit der Einführung der 60-Minuten-Schulstunde minutengenau geführt wird. Die Kollegin oder der Kollege erkennt sehr übersichtlich, ob sie oder er mit einem leichten Stundenguthaben oder -defizit in das nächste Schuljahr geht. Auf diesem Wunschbogen kann erklärt werden, in welchem Bereich man sich einen fachfremden Unterricht vorstellen kann, welche Klassen bzw. Gruppen man im nächsten Schuljahr unterrichten möchte und welche Arbeitsgemeinschaften oder offenen Angebote im Ganztag angeboten werden können. Es besteht auch die Möglichkeit, persönliche Wünsche anzugeben, die bei der Planung, wenn möglich, zu berücksichtigen sind. Dem Kollegium wird seitens des Stundenplanteams aber auch verdeutlicht, dass mit diesen Wunschzetteln Wünsche geäußert aber keine Bestellungen abgegeben werden können. Dennoch werden bei der Stundenplanberechnung immer die Alternativen mit und ohne Wunsch gerechnet. Ergeben sich für die Schülerinnen und Schüler keine maßgeblich verschlechterten Rahmenbedingungen, wird immer zugunsten der Kollegin bzw. des Kollegen entschieden. Bei der Stundenplanerstellung werden die besonderen Bedürfnisse von Teilzeitbeschäftigen berücksichtigt.

Der Raum als dritter Pädagoge auch für das Kollegium

Im Rahmen einer großen Sanierungsmaßnahme ist die Willy-Brandt-Schule vom Gebäude her wieder auf den neusten Stand gebracht worden. Es wurden optimale räumliche Rahmenbedingungen geschaffen, die eine moderne und auf Zukunft gerichtete Schule möglich machen. Im Rahmen dieser Baumaßnahme wurden auch die Lehrerzimmer komplett umstrukturiert. Die Lehrerzimmer bestehen an der Willy-Brandt-Schule aus zwei aneinander liegenden Räumen. Bis zur gesetzlichen Regelung, war das größere Zimmer für die Nichtraucherinnen und Nichtraucher reserviert, im anderen, kleineren Raum durfte geraucht werden. Beide Räume waren oft (zu mindestens in den Pausenzeiten) ein sehr unruhiger bis lauter Ort. Viele Menschen befanden sich auf relativ wenig Platz. Dieses eingeschränkte Platzgefühl ergab sich hauptsächlich aus einer Vermischung von verschiedenen Ansprüchen an den Raum. Das Lehrezimmer diente dem Arbeiten, als Pausen- und Ruheraum und der Kommunikation. Diese Anspruchsvermischung führt zu Hektik und einer enormen Geräuschkulisse, die sich negativ auf die Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer in diesen Räumen auswirkte. Im Rahmen der Sanierung wurden die Ansprüche an den Raum deutlich voneinander getrennt. Das Lehrerzimmer dient "nur" noch der Kommunikation und dem Austausch und nicht mehr als Arbeits- oder Ruheraum. In dem angrenzenden Stehcafé (dem ehemaligen Raucherraum) kann man sich aus einem hochwertigen Automaten diverse Kaffees, Kakao oder Suppen ziehen. Beide Räume sind ansprechend gestaltet und mit Sitzgruppen, Stehtischen, Hockern und Couchgarnituren ausgestattet worden. Im Obergeschoß befinden sich nun die Lehrerarbeitsplätze in einem Ruhebereich. Diese sind auch mit diversen PCs, Schreibtischen, abschließbaren und offenen Lehrerfächern ausgestattet worden. Hinzu kommen Konferenz- und Klein-Besprechungsräume in diesem Ruhebereich sowie in einem weiteren Gebäudeteil. Darüber hinaus sind alle Stühle im Verwaltungsbereich, in den Lehrer- und Konferenzzimmern und in der Aula mit einer ergonomischen "Wippfunktion" ausgestattet worden. Dies ermöglicht eine leichte und ständige Bewegung der Wirbelsäule.

Mensaessen

Seit drei Jahren gibt es an der Willy-Brandt-Schule ein neues Mittagessensangebot. Durch ein Unternehmen, welches sich auf Schulessen spezialisiert hat, wird das Essen jeden Tag frisch zubereitet, auf 0°C heruntergekühlt und in der Schule zur Mittagszeit regeneriert. Angeboten wird das Essen im Free-flow-Verfahren, bei dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich über einen Schüler- bzw. Lehrerausweis am Eingang legitimieren und dann freien Zugang zu allen Essensangeboten haben. Es wird ein Buffet serviert, an dem sich alle so oft bedienen können, wie man es sich wünscht. Jedes Mittagessen besteht aus einem Salatbuffet, einem Nudelbuffet mit zweierlei Soßen, einem wechselnden Hauptgericht und der Nachtischtheke. Darüber hinaus kann man sich an einem Trinkwasserspender (aufgestellt in Kooperation mit dem in Mülheim ansässigen Wasserwerk) mit gekühltem Trinkwasser mit und ohne Kohlensäure versorgen. Ziel ist ein ausgewogenes und gesundes Mittagessen für die gesamte Schulgemeinde. Um den Geräuschpegel während des Essens noch geringer zu halten, sind alle Stühle jüngst mit Filzgleitern ausgestattet worden. Beim Essen wird darauf geachtet, dass eine ruhige Atmosphäre herrscht, in der sich alle wohlfühlen und in Ruhe essen können. Im Moment essen täglich ca. 180 Schülerinnen und Schüler in der Mensa. Da sich das neue Essenssystem noch im Aufbau befindet, ist das Ziel nach 6 Jahren ca. 300 Schülerinnen und Schüler als regelmäßige Gäste täglich in der Mensa begrüßen zu können.

Entspannung und Körperwahrnehmung

Eine neue Kollegin hat eine Zusatzausbildung in der Feldenkrais-Methode absolviert. Diese ist nach einem Physiker und Judolehrer benannt, der sein Wissen in Mechanik, Anatomie und Neurophysiologie anwandte, um seine Kniebeschwerden zu verbessern. Aus diesen Anwendungen entstanden Lektionen, die die natürliche Lernfähigkeit des Nervensystems ausnutzen. Mit zunehmendem Alter können sich Bewegungsgewohnheiten ausbilden, die negative Auswirkungen auf den Körper haben. Kleinkinder hingegen lernen immer wieder neue Bewegungsmuster und nutzen instinktiv die effektivsten aus. Die Feldenkrais-Methode knüpft an diese Bewegungsraster an und versucht den Körper und das Nervensystem daran zu erinnern, die einfachste und leichteste Bewegung zu finden. Im Rahmen des offenen Angebotes der Willy-Brandt-Schule bietet die oben erwähnte Kollegin in einem für Schüler nicht zu betretenden Bereich einen Feldenkrais-Kurs an. Ein offenes Angebot nicht für die Schülerschaft, sondern für das Kollegium. Dies ist nur möglich, weil es an der Schule seit diesem Schuljahr eine gemeinsame Mittagspause gibt. Die ganze Schule (mit wenigen Ausnahmen: Lehrerinnen und Lehrer im offenen Angeboten oder Aufsichten) haben eine gemeinsame Pause, die dem Arbeiten, Austauschen aber auch der Entspannung dient. Das Angebot ist noch sehr „jung“, erfreut sich aber schon einer regen Nachfrage.

Sanitätsdienst

Der schuleigene Sanitätsdienst wird durch einen Kollegen mit einer Rettungssanitäterausbildung geleitet und wird in Kooperation mit der Johanniter Unfallhilfe durchgeführt. Ehrenamtliche Schülerinnen und Schüler kümmern sich von der Erstversorgung bis zur "Entlassung" um kranke oder verletzte Schülerinnen und Schüler. Sie sind dafür verantwortlich, dass entsprechende Hilfeleistungen erbracht werden, sie informieren ggf. den Rettungsdienst, nehmen Kontakt zu den Eltern auf und führen über jeden Handlungsschritt Protokoll. Bei schwerwiegenden Fällen wird selbstverständlich der betreuende AG-Lehrer (ggf. telefonisch) hinzugezogen. Seit dem Schuljahr 2014/2015 wird zudem ein ständiger Praktikant (ein ehemaliger Schüler, der aufgrund seines Alters ein Jahr bis zu seiner Ausbildung überbrücken muss) beschäftigt. Er und ausgebildete Notfallschülerinnen und -schüler sorgen für entsprechende erste Hilfe. Sollte der Sanitätsraum nicht besetzt, Hilfe aber nötig sein, werden per Handy entsprechende Notdienstschülerinnen und -schüler aus dem Unterricht geholt. Vor der Einrichtung des Sanitätsdienstes waren die unterrichtenden Kolleginnen und Kollegen auch für verletzte oder kranke Schülerinnen und Schüler in ihrem Unterricht verantwortlich. Dies bedeutete immer einen Spagat zwischen krankem Schüler und der unbeaufsichtigten Klasse und führte damit in der Regel zu erheblichen Stress. Der Sanitätsdienst wird an der Willy-Brandt-Schule Arbeitsgemeinschaft durchgeführt. Zusätzlich bildet der oben erwähnte Kollege das gesamte Kollegium regelmäßig im Rahmen einer weiteren Arbeitsgemeinschaft in Erster Hilfe fort. Zum einen führt das zu einem erheblich besseren Sicherheitsgefühl zum anderen zu einer Arbeitserleichterung, die Erste-Hilfe-Ausbildung nicht bei einem Fremdanbieter durchführen zu müssen.

Brandschutz

Im Rahmen der Sanierung ist die Schule auf den neusten Stand des Brandschutzes gebracht worden. Der Brandschutzbeauftragte der Schule hat in diesem Zusammen half mit der Berufsfeuerwehr ein in Mülheim bis jetzt einmaliges Rettungsleit- und Sammelsystem in den Unterrichtsräumen und auf dem Schulhof entworfen und eingerichtet. Von jedem Raum in der Schule gibt es mindestens zwei fest beschriebene Rettungswege zu einem festgelegten und gekennzeichneten Sammelplatz auf dem Schulhof. Im Not- bzw. Rettungsfall sammeln sich entsprechende Klassen mit ihren Lehrerinnen und Lehrern an diesen fest verabredeten Plätzen auf dem Schulhof. Erfahrungen haben gezeigt, dass im Notfall es sehr schwierig ist, die Klasse auf dem Rettungsweg zusammen zu halten und außerhalb des Gebäudes zu sammeln. Alle Beteiligten sind nun darüber informiert, wo man sich im entsprechenden Fall zu treffen hat. Diese Möglichkeit entlastet die jeweilige Kollegin bzw. den jeweiligen Kollegen.

Entwicklungsgespräche

Die Schulleiterin führt die verpflichtenden Jahresgespräche mit den schwerbehinderten Kolleginnen und Kollegen regelmäßig durch. Zusätzlich finden Jahres- bzw. Entwicklungsgespräche statt, die für das Kollegium die Möglichkeit bietet über geleistete Arbeit, Pläne, Belastungsspitzen, Unterstützungs- und Entwicklungsmöglichkeit zu sprechen. Die Ergebnisse der Jahresgespräche werden, um die Arbeit transparent zu machen, unter Berücksichtigung des Datenschutzes und der Wahrung der Persönlichkeitsrechte dokumentiert und dem Kollegium zugänglich gemacht.

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